Am 22. August 2018, einem Mittwochmorgen, fuhr an der Röntgenstrasse 80 in Zürich ein Möbelwagen vor. Daraufhin wurden die Möbel und der Hausrat unserer kleinen Kommunität eingeladen und nach Sitten gebracht.

Dieses Ereignis hat für uns Schweizer Marianisten eine besondere Bedeutung, denn mit dem Wegzug der verbliebenen zwei Brüder endete ein Kapitel unserer 70-jährigen Präsenz im Grossraum Zürich. Nunmehr wirkt Weihbischof Dr. Paul Vollmar als einziger Marianist in der Limmatstadt als mitarbeitender Seelsorger in der Pfarrei Heilig Geist.

 

Unser apostolisches Engagement in der Limmatstadt hat eine längere Vorgeschichte. So hatte der Präsident des Katholischen Schulvereins in Zürich schon im Februar 1925 beim Direktor unseres Kollegiums in Martigny um zwei bis drei Lehrkräfte für die geplante Knabensekundarschule gebeten. Aber weil das Kollegium selbst zu wenig Personal hatte, konnte diesem Gesuch nicht entsprochen werden. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs wandten sich der Pfarrer von Liebfrauen sowie der Bischof von Chur, Christianus Caminada, erneut mit einem Gesuch an die Marianisten; dieses Mal bei der Leitung der neugegründeten Schweizer Provinz. Am 19. Mai 1947 konnte der damalige Vizeprovinzial, Franz Häseli, dem Bischof bekanntgeben, dass die Gesellschaft Mariä bereit sei, die Schule in Zürich zu übernehmen.

 

Nachdem die Provinzleitung ihre Zusicherung gegeben hatte, konnte mit dem Schulhausbau begonnen werden. Am 8. November erfolgte der erste Spatenstich. Wie vorgesehen konnte das neue Schulhaus am 18. April 1949, einem Ostermontag, eingeweiht werden. Am 26. April 1949, dem ersten Tag des neuen Schuljahrs, waren 77 Knaben erschienen. Einer unter ihnen war unser P. Hugo Schwager. Die Schüler wurden auf zwei Klassen verteilt. Der Rektor und die beiden Klassenlehrer waren Marianisten. Wenn wir heutzutage die Eröffnung dieser Privatschule als fast selbstverständlich betrachten, darf nicht vergessen werden, dass deren Realisierung ohne die unermüdliche Sammeltätigkeit der Pfarrherren und die grosszügigen Spenden zahlreicher Gönner nicht möglich gewesen wäre.

 

Nach einem erfolgreichen Schuljahr konnten im folgenden Frühling 120 neue Schüler aufgenommen werden. Drei weitere Marianisten unterrichteten in den neu eröffneten Klassen. Im dritten Jahr nach der Eröffnung besuchten bereits 275 Knaben die Katholische Sekundarschule Sumatra.

Bis 1966 lebten die Brüder in der alten Villa an der Sumatrastrasse 31. Im April 1968 fanden sie im Gebäude des Progymnasiums eine neue Unterkunft.

 

Von 1949 – 1999 haben nacheinander sechs Marianisten als Rektoren die Schule geleitet. Es waren dies: Dr. Alois Kocher, Dr. Albert Kessler, Dr. Bernhard Truffer und Josef Erpen; sodann Dr. Paul Vollmar (1972 – 1984) und P. Leo Müller (1984 – 1999). Im Verlauf unserer fünfzigjährigen Tätigkeit haben 18 Mitbrüder an dieser Schule gewirkt. Ein solider, zeitgemässer Unterricht, eine gute Zusammenarbeit mit den Laienlehrern und Eltern sowie gute Beziehungen zu den Pfarreien gaben der Schule Sumatra eine spezielle Identität.

 

Weil in unseren eigenen Reihen kein Nachfolger gefunden werden konnte, trat P. Leo im Sommer 1999 als Rektor zurück. In den folgenden Monaten konnte er sich vermehrt als Ordensoberer den vielfältigen Aufgaben unserer Region im Togo und in der Schweiz widmen. P. Leo hätte eigentlich schon lange gern als Seelsorger gewirkt. Die Verwirklichung dieses Wunsches war aber erst nach dem Ende seiner Amtszeit als Regionaloberer im Sommer 2000 möglich.

 

Die Mitbrüder Josef Erpen, Paul Nidoli, Jost Schranz und Peter Vollmar konnten weiterhin in der Dachwohnung an der Sumatrastrasse bleiben. Peter Vollmar war neben den Verpflichtungen als Klassenlehrer seit 1994 auch als Verwalter der Schweizer Region tätig. Bis zu seiner Pensionierung im Sommer 2009 unterrichtete er als letzter Marianist an der Freien Katholischen Schule in Kreuzbühl.

 

Im August 2003 zogen Josef Erpen, Jost Schranz und Peter Vollmar von der Sumatrastrasse ins Pfarrhaus St. Josef nach Dietikon. Im Herbst vereinigten sich die Kirchgemeinden von Schlieren und Dietikon zum ersten Seelsorgeraum im Kanton Zürich. P. Leo Müller und P. Hugo Schwager wirkten gemeinsam als Pfarrer in solidum in den drei dazugehörenden Pfarreien. Gustav Arnold betreute das Pfarreizentrum St. Josef und arbeitete als Sakristan.

 

2009 übernahm P. Leo wiederum die Leitung der Region der Schweizer Marianisten, beendete seine seelsorgerische Tätigkeit in Dietikon und Schlieren und zog nach Sitten.
Mitte Juli 2010 zügelten die drei verbliebenen Brüder Gustav Arnold, Josef Erpen und Peter Vollmar von St. Josef Dietikon in den Kreis 5 nach Zürich. Im frisch renovierten Pfarrhaus St. Josef fanden sie ein neues Zuhause.

Von hier aus konnten sie für die Kirche im Kanton Zürich und für unsere Schweizer Region arbeiten.

Unser Senior, Josef Erpen, hatte sich in der neuen Umgebung erstaunlich rasch eingelebt. Unsere Haushälterin, Vreni Gisler, kümmerte sich mit viel Hingabe um ihn. Nach seinem 95. Geburtstag nahmen die Altersbeschwerden merklich zu. Im August 2017 übersiedelte er nach Sitten und wurde am Heiligen Abend im Spital Martigny von seinen Leiden erlöst.

Alles hat seine Zeit… Während Jahrzehnten konnten wir als Lehrer, als Erzieher und als Seelsorger säen. Nun ist es Zeit, um in Dankbarkeit bewusst zu leben, das Geschehen in nah und fern und das Wort Gottes verstehen zu lernen, zu beten und die Menschen zu begleiten. Die Art unserer Tätigkeiten hat sich geändert, der Auftrag jedoch ist geblieben: «Tut alles, was ER euch sagt».

Veröffentlicht in Information 193

 

Zurich 1
Die Katholische Sekundarschule Sumatra

 

Ecole catholique - élèves
Auf dem Schulplatz

 

Zurich - Sankt Josef
Gemeinde Sankt Josef in Zürich

 

Zurich
Essen in der Gemeinschaft